Wohnungsbau verfehlt Zielmarke deutlich, viele Baugenehmigungen verfallen

Auf den ersten Blick sind die Zahlen für den Wohnungsneubau im letzten Jahr stabil geblieben. Doch auch damit wurde das politisch gesetzte Ziel von 400.000 neuen Wohneinheiten im Jahr deutlich verfehlt, wie die jetzt erschienene Statistik zu den Baufertigstellungen zeigt. Anlass zur Sorge gibt außerdem die hohe Zahl verfallener Baugenehmigungen.

Wiesbaden. In Deutschland sind im Jahr 2023 insgesamt 294.400 Wohnungen fertiggestellt worden. Das waren 0,3 Prozent weniger als im Vorjahr, wie das Statistische Bundesamt jetzt mitgeteilt hat. Damit wurde das von der Ampel-Koalition ausgerufene politische Ziel von 400.000 Neubauwohnungen im Jahr einmal mehr deutlich verfehlt. In den letzten Jahren stagniert der Wohnungsbau weitgehend, 2021 waren 293.000 neue Wohnungen fertig geworden, 2022 waren es 295.000.

Diese Stagnation bildet den Schlusspunkt eines langen Aufwärtstrends: Nachdem im Jahr 2009 nach der Weltfinanzkrise mit nur 159.000 fertiggestellten Wohneinheiten ein Tiefpunkt erreicht worden war, gingen die Neubauzahlen bis ins Jahr 2020 stets bergauf. Damals wurden 306.000 neue Wohnungen errichtet. Auch das war allerdings unter der politischen Zielmarke von 400.000 Stück, welche auch den langfristigen Durchschnittswert darstellt, wenn man die Statistik seit 1950 betrachtet.

Bauüberhang deutlich abgearbeitet

Der Neubau entwickelte sich im Detail betrachtet im letzten Jahr uneinheitlich: Das Einfamilienhaus hatte ein Minus von 9,3 Prozent zu verzeichnen, nur noch 69.900 Stück wurden 2023 fertiggestellt. Dagegen wuchs die Fertigstellungszahl beim Zweifamilienhaus um 3,8 Prozent auf 23.800. Wohnungen im Mehrfamilienhaus konnten sogar einen Zuwachs von 4,1 Prozent verzeichnen, insgesamt 156.300 Stück wurden letztes Jahr deutschlandweit fertiggestellt.

Allerdings leitet sich aus diesen Zahlen keine Entwarnung ab – ganz im Gegenteil. Die letztes Jahr fertiggestellten neuen Wohnungen stellen das Abarbeiten älterer Projekte dar – neue Projekte kamen hingegen kaum dazu. Die Zahl neu erteilter Baugenehmigungen ist 2023 wie berichtet massiv eingebrochen (-26,7 Prozent). Entsprechend deutlich sank im letzten Jahr der Bauüberhang, also die Zahl genehmigter, aber noch nicht errichteter Wohnungen: Mit 826.800 genehmigten Wohnungen warteten zum Jahresende 58.100 Wohnungen weniger auf Fertigstellung als im Vorjahr.

Sehr viele verfallene Baugenehmigungen

Der Bauüberhang ist in Wahrheit sogar noch kleiner, denn 390.900 dieser Wohnungen waren zum Stichtag bereits im Bau. Interessanterweise ist der gesunkene Bauüberhang nicht nur darauf zurückzuführen, dass weniger neue Genehmigungen ausgestellt als Projekte gebaut wurden. Hinzu kommt, dass im letzten Jahr besonders viele Baugenehmigungen erloschen sind. So verfielen 2023 insgesamt 22.700 Baugenehmigungen. Schon im Vorjahr war mit 22.800 verfallenen Baugenehmigungen der höchste Wert seit 2006 erreicht worden.

Außerdem macht das Statistische Bundesamt darauf aufmerksam, dass auch damit noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht sein dürfte: „Zugleich ist davon auszugehen, dass im Bauüberhang auch Bauvorhaben enthalten sind, deren Genehmigungen zwar noch nicht erloschen sind, die aber nicht mehr weiter verfolgt werden.“ Die weiteren Aussichten für den Wohnungsbau sind also nicht gut. Eine Erreichung des Ziels von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr ist in weite Ferne gerückt.

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